Personenschützer aus der Behörde haben es in der privaten Sicherheitsbranche schwieriger, sich zu integrieren. Warum ist das so?
Vorab:
Es gibt kein besseres Fundament für eine Karriere im Personenschutz als die Ausbildung bei BKA oder LKA. Die Intensität der Vollzeitausbildung, die Qualität der Fortbildungen und das großzügige Budget sorgen dafür, dass man bestens vorbereitet ist. Während andere jahrelang versuchen, Erfahrung und Wissen zu sammeln, bringen ehemalige Behördenangehörige oft schon alles mit – und zwar auf höchstem Niveau. Es ist kein Geheimnis, dass die Privatwirtschaft oft nur in großen, etablierten Unternehmen mit einer guten Abteilung für Unternehmenssicherheit ähnliches Ausbildungsniveau bieten kann.
Die behördliche Ausbildung hat einen entscheidenden Vorteil: Man ist in einem systematisch aufgebauten Rahmen unterwegs. Die Behörde gibt die Strukturen vor, kümmert sich um Ressourcen und stellt sicher, dass du immer das Beste an Training und Ausrüstung erhältst. Kein Wunder also, dass man nach so einer Laufbahn in der Privatwirtschaft als „Überqualifizierter“ gilt.
Aber wie geht es nach dem Austritt aus dem Behördenapparat weiter? Wer die sichere Blase verlässt, hat verschiedene Optionen:
1. Sicherheitsfirmen:
Viele Personenschützer entscheiden sich für eine Anstellung bei Sicherheitsfirmen. Diese Firmen reichen von kleinen, spezialisierten Teams bis hin zu großen globalen Unternehmen. Der Vorteil? Du bist weiterhin Teil einer Struktur, die sich um viel Organisatorisches kümmert. Der Nachteil? Naja, sagen wir es so: Manchmal fühlt es sich eher an, als würde das Budget deinen Schutz leiten, nicht du den Schutz der Zielperson.
2. Freelancer (Einzelunternehmer):
Du bist jetzt dein eigener Chef! Klingt verlockend, oder? Aber Achtung: Krankenversicherung, Steuern, Altersvorsorge – die Behörde kümmert sich nicht mehr um dich. Jetzt musst du dir nicht nur Gedanken um Schutzmaßnahmen, sondern auch um Buchhaltung machen. Und was, wenn der Kunde mal nicht zahlt oder sich das Business nicht so schnell entwickelt, wie erhofft? Tja, willkommen in der Realität. Die Tatsache, dass man früher „unkündbar“ war, gibt es jetzt nicht mehr. Es gibt keine Jobgarantie, nur den nächsten Auftrag – wenn er denn kommt.
3. Corporate Security (Unternehmenssicherheit):
In großen Unternehmen gibt es durchaus interessante Positionen in der Unternehmenssicherheit. Hier bist du meist Teil eines Teams, das sich um die Sicherheit des gesamten Unternehmens kümmert – inklusive der Top-Führungskräfte. Klingt nach einer logischen Fortsetzung der behördlichen Karriere, doch auch hier lauern Fallstricke. Die Strukturen sind kleiner, flexibler, und das Budget diktiert oft, was möglich ist. Du bist nun auf dich allein gestellt, ohne das große Netz eines Behördenapparats im Hintergrund. Die Zeiten, in denen ein ganzes Team hinter dir stand, sind vorbei.
Die Herausforderungen des Übergangs:
Wenn du als Behördenangehöriger in die Privatwirtschaft wechselst, gibt es einige Stolpersteine, an die du dich gewöhnen musst. Plötzlich ist der schützende Apparat verschwunden, und du stehst allein vor ganz neuen Herausforderungen:
Kleinere Strukturen:
Während du früher auf ein großes Netzwerk aus Kollegen und Ressourcen zurückgreifen konntest, bist du jetzt oft Teil kleinerer, spezialisierter Teams – oder du stehst ganz allein da. Kein Netz, kein doppelter Boden.
Das liebe Budget:
In der Privatwirtschaft gilt eine eiserne Regel: Das Budget hat immer Vorrang. Das bedeutet, dass Schutzmaßnahmen oft durch finanzielle Zwänge eingeschränkt werden. Was in der Behörde selbstverständlich war, musst du jetzt durch clevere Argumentation und kreative Lösungen kompensieren. Du bist nicht mehr Beamter auf Lebenszeit, sondern Unternehmer auf Zeit.
Selbstverwaltung:
Früher kümmerte sich die Behörde um alles – Krankenversicherung, Steuern, Altersversorgung. Jetzt musst du das selbst regeln. Die erste Rechnung von deiner Krankenkasse oder dem Finanzamt wird dir schnell zeigen, dass du in der Privatwirtschaft angekommen bist.
Keine Jobgarantie:
Der Beamtenstatus hat es möglich gemacht: Du hattest die Gewissheit, dass dir dein Job nicht einfach so genommen wird. Diese Garantie gibt es in der Privatwirtschaft nicht. Es gibt Phasen, in denen die Aufträge nicht so zahlreich sind, und du musst lernen, mit der Unsicherheit umzugehen.
Und jetzt?
Natürlich kannst du dich im Vorfeld umfassend informieren, Gespräche führen und Erfahrungen austauschen. Aber die Wahrheit ist: Ob dieser Weg wirklich zu dir passt, findest du erst in der Praxis heraus. Und ja, es wird Zeiten geben, in denen es nicht rund läuft. Keine Jobgarantie, keine behördlichen Sicherheiten, aber dafür die Freiheit, deinen eigenen Weg zu gehen – mit all den Vor- und Nachteilen, die das mit sich bringt.
Am Ende bleibt die Frage offen: Ist der Wechsel in die Privatwirtschaft nach einer behördlichen Karriere der richtige Schritt? Das muss jeder für sich selbst herausfinden. Sicher ist nur, dass es ein Abenteuer ist – und wie bei jedem Abenteuer gibt es Risiken, aber auch große Chancen.
Die Realität der Privatwirtschaft – oder wie Excel-Tabellen und Kleinwagen die Hightech-Ausrüstung ersetzen:
Ein weiteres Spannungsfeld für ehemalige Behördenmitarbeiter entsteht, wenn die Privatwirtschaft die gewohnten Standards und Erwartungen nicht erfüllt. Wer beim BKA oder LKA gearbeitet hat, ist gewohnt, das Beste vom Besten zu bekommen – von der Ausrüstung bis zur Ausbildung. Doch plötzlich stehst du vor dem Auftraggeber, und der beschließt, dass das Sicherheitsbudget lieber in die nächste Marketingkampagne fließen sollte, statt in dein Team.
Du erinnerst dich vielleicht an die Zeit, als du Zugriff auf modernste Technik hattest, eine ganze Abteilung, die für dich arbeitete, und jederzeit ein Backup-Team im Hintergrund – tja, in der Privatwirtschaft kann es gut sein, dass du nun mit einem Notebook voller Excel-Tabellen bewaffnet bist und deine Ausrüstung vom günstigsten Anbieter stammt. Willkommen im „Sicherheitsmanagement 2.0“, wo der Dienstwagen ein Kleinwagen ist und du dank „optimierter Prozesse“ das Beste aus knappen Ressourcen machen musst.
Vom Beamtenstatus zur freien Wildbahn:
Der vielleicht härteste Übergang ist der vom Beamtenstatus zur Unsicherheit. Früher warst du unkündbar, egal, was kam – solange du nicht völlig danebengegriffen hast, war dir dein Job sicher. Jetzt, in der Privatwirtschaft, hängt alles von Verträgen, Kundenverhandlungen und – Überraschung – deiner eigenen Leistung ab. Ein Auftrag geht gut? Fantastisch! Aber was passiert, wenn der nächste Kunde abspringt oder nicht zahlt? Jetzt gibt es keine Behörde mehr, die den Rücken freihält, keine garantierten Gehälter, und wenn du Pech hast, sitzt du ohne Aufträge da.
Es ist die freie Wildbahn – und ja, es gibt keine Jobgarantie. Es wird Zeiten geben, in denen du dich fragen wirst, ob du den richtigen Schritt gemacht hast. Aber genau das ist die Kehrseite der Freiheit: Du hast die Kontrolle, aber eben auch die Verantwortung.
Freiheit oder Fluch?
Und dann ist da noch die Freiheit. In der Behörde hast du nach klaren Vorgaben gearbeitet, im Rahmen fester Strukturen. Jetzt bist du frei – frei, deinen eigenen Weg zu gehen, aber auch frei, dich um Krankenversicherung, Altersvorsorge, Steuern und all die anderen Kleinigkeiten zu kümmern, um die sich früher jemand anders gekümmert hat. Die Freiheit fühlt sich vielleicht erst mal gut an, aber sobald die erste Rechnung von der Krankenkasse kommt, könnte sich das Gefühl ändern. Freiheit heißt auch, dass du keinen Fehler auf den „Apparat“ schieben kannst – du bist dein eigener Apparat.
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Das ist eben der gewaltige Unterschied zwischen einem privaten Sicherheitsspezialisten in der freien Wirtschaft und einem einem Sicherheitsbeamten aus der Behörde. Der Spezialist in der freien Wirtschaft braucht eine erweiterte Fachliche Qualifikation als der Behörden MA. Er muss zusätzlich zu den Kompetenzen im Fach Sicherheit gleichzeitig Kompetenz im Fach freie Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit erlangen.